willkommen
kontakt
impressum
suchen

Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel3. 10. 2000 → PK 3. 10. 2000 in München
ortografie.ch ersetzt sprache.org ortografie.ch ersetzt in zukunft sprache.org

PK 3. 10. 2000 in München (Münchner Appell)

Quelle: , , forum

15:28 [Es ist alles rückläufig. Das heißt, ] das Interesse an Deutsch als Fremdsprache verschwindet überall rapide. Das hat sicherlich auch ökonomische Gründe, aber es hat sicherlich auch die Gründe, daß es für Deutschlehrende immer komplizierter wird, etwas, was im Lande selber in seiner Umschlag­geschwindigkeit noch nach­zuvollziehen ist, dort auch noch nach­zuvollziehen. Unsere Warnungen, speziell der öster­reichischen Autorinnen und Autoren, waren von Anfang an [die, daß wir gesagt haben]: Da entsteht etwas in einer Umschlag­geschwindigkeit, wie etwa in der Entwicklung der Software. Wir müssen jedes Jahr die neue Version kaufen des Programms und müssen dann mit dem aktuellen Programmen arbeiten. Tun wir das drei, vier Jahre nicht, sind wir irgendwo, und die Entwicklung ist ganz woanders sozusagen, und das geht vorne und hinten nicht mehr zusammen. Das heißt, so gesehen ist keine Verbindlichkeit der Schreibung, und zwar nicht auf Jahre hinaus, sondern auf Jahrzehnte hinaus, zu erwarten.

16:03 Alle Untersuchungen, die es in Österreich gibt, und zwar innerhalb der Wirtschaft von Kultur oder dergleichen mehr, sagen: Es gibt nicht mehr als 10 Prozent Akzeptanz und Anwendung der Neuschreibung in der Bevölkerung. Und das ist nach vielen, vielen Jahren Durchsetzungs­arbeit mit ungeheurem Aufwand eigentlich recht kläglich.

Und mich wundert es auch nicht, denn es gibt eine Ablehnung, die für mich in einer Demokratie, in der ich das Glück hatte aufzuwachsen – und nicht gefährdet aufzuwachsen – selbstverständlich ist, daß wir uns nicht mehr von Amts wegen vorschreiben lassen, wie wir zu schreiben haben. [...]

16:33 Das Amtsdeutsche, sozusagen in der Konstruktion schon dieser Zwischen­staatlichen Kommission, wo staatsangestellte Mitwirkende sitzen und ganz einfach eine gewisse Verfügungsgewalt haben, die der Staat halt sozusagen sich anmaßt, über seine Bürger haben zu können, je nach Bedarf. [...]

Das war eine absolut unglaubliche Nicht-Diskussion 1995/96, um uns dann zu sagen: „ätsch, ihr kommt zu spät, ihr hättet früher mit uns reden müssen". – Wir wollten ja die ganze Zeit.

17:14 Ich habe ja dieses Amtsklappeln, dieses Amtsdeutsche immer für ein zutiefst öster­reichisches Phänomen gehalten. Also, ich weiß nicht, ob es hier überhaupt diesen Begriff des Amtsdeutschen gibt: das Umständliche, Komplizierte, Sichnicht­erklärenkönnende. Und jetzt stelle ich aber fest [sozusagen]: Es gibt so etwas wie das Gesamt-Amtsdeutsche – aller deutsch­sprachigen Länder und Regionen, und das haben wir jetzt, und damit setzen wir uns jetzt auseinander, und ich denke aber – sicher lustvoller als die andere Seite, und vielleicht auch produktiver als die andere Seite. Denn schließlich geht es ja um Entwicklung und nicht um Beharrung; und für die Entwicklung stehen hoffentlich wir.